weinwunder bei DIROSO im Wallis

07. Aug 2020  >> Onlineartikel von weinwunder.ch

Die Sommerferien 2020 waren auch bei uns etwas anders. Doch wenigstens ein Besuch auf einem Weingut mit Degustation gehört dazu. Wir besuchten das nachhaltige Weingut DIROSO in Turtmann und entdeckten ausgezeichnete PIWI-Weine.

DIROSO – Entdeckung von tollen Walliser Weinen

Wie so viele Familien haben auch wir unsere Sommerferien in der Schweiz verbracht. Unsere erste Station war das Wallis, Turtmann, um genau zu sein. Wir übernachteten im B&B der Weinkellerei DIROSO. Die Lage der Kellerei neben der Hauptstrasse und in der Nähe der Autobahn ist zum Schlafen nicht so ideal. Die sehr modernen und neu gemachten, komfortablen Zimmer und die gemütliche Terrasse zum Sitzen und Essen kompensieren das. Nach einer eindrücklichen Wanderung in die Höhen des Lötschentals, nahmen wir die Gelegenheit wahr, die Weine von DIROSO zu degustieren.

DIROSO steht für Diego, Roman und Sonja, die drei Kinder von Hanspeter und Iréne Bauman. Diego und Roman führen den Betrieb in zweiter Generation seit September 2019, Sonja hat ins Château Thivin im Beaujolais geheiratet und berät den Betrieb bei önologischen Fragen. Geheimtipp – UTOPIA von Château Thivin – begeisternder, intensiver, komplexer, dichter, körperreicher Wein!

Weinkellerei DIROSO steht aber auch für nachhaltigen Weinbau im Wallis. Hanspeter Baumann ist der Pionier im Wallis für Weine mit PIWI-Rebsorten (PIWI steht für pilzwiderstandsfähig, d.h. die Rebsorten wurden mit dem Ziel gezüchtet, mit möglichst wenig Pflanzenschutz gegen Pilzerkrankungen auszukommen). Inzwischen interessieren sich renommierte und grosse Weinkellereien im Wallis für die PIWI-Weine von DIROSO, um allenfalls auch neue Rebsorten anzupflanzen.

Zurück zur Degustation. Hanspeter hat uns die ganze Bandbreite der vielen Rebsorten und Weine von DIROSO probieren lassen und uns dazu viele Geschichten aus seinem Leben und der Weinkellerei erzählt. Die Weine haben uns überzeugt und es gab ein paar Grossartige darunter, die ich hier noch kurz vorstellen möchte. Einige davon werden bestimmt am einen oder anderen Anlass genossen werden können.

Weissweine werden mit Reinzuchthefe und kalt vergoren. Das geht wunderbar in der neuen Kellerei (erst seit zwei Jahren) mit drei Produktionsräumen mit verschiedenen Temperaturen. Damit können besonders exotische Fruchtaromen schön herausgearbeitet werden. DIROSO verzichtet bei den Weissen auf den biologischen Säureabbau. In den letzten Jahren war die Säure eher zu knapp als zu viel.

Der Goldwin (Züchtung Gf. Ga-48-12 – Bacchus x Villard blanc von der Forschungsanstalt Geilweilerhof in Siebeldingen (D)) war am ersten Abend unser Apérowein. Die Sorte hat keinen offiziellen Namen, weshalb DIROSO den Namen Goldwin vergeben hat. Ein Wein mit einer Nummernbezeichnung ist schwierig zu verkaufen. Fruchtige Aromen, insbesondere intensive Grapefruitaromen, und die Frische im Gaumen haben uns begeistert. Auch der Joaniter (PIWI-Sorte Johanniter, Züchtung vom Weinbauinstitut Freiburg i. B.) hat eine angenehme Fruchtigkeit und zeigte viel Mineralität. Als dritter Weisswein hat uns Bianca besonders gut gefallen, blumige und fruchtige Aromen und schön breit im Gaumen. Gemäss Hanspeter ist die Sorte Bianca (PIWI-Züchtung aus Ungarn) pflegeleicht, wenn man weiss wie. Bei DIROSO wird für Bianca kein Winterschnitt gemacht, dafür während der Blütezeit oben die Gipfel geschnitten. Anschliessend können die überzähligen Triebe entfernt werden.

Wir sind im Allgemeinen nicht so die Rosé-Trinker. Doch der Muscat Bleu Rosé war auch für uns ein schöner Tropfen. Hanspeter bezeichnete ihn als «Joker» für ein Wine and Dine. Wenn man nicht so recht weiss, ob weiss oder rot oder was, dann ist der Muscat Bleu genau richtig. Nach der Ernte liegen die Trauben etwa einen Tag auf der Schale, das gibt die schöne Farbe. In der Nase hatten wir Beerenfrucht und am Gaumen ein spannendes Süss-Säure-Spiel.

Die Rotweine werden bei DIROSO spontan vergoren und bei der Gärung mittels selbst gebauter Düsen mit Sauerstoff versorgt. Auf Stösseln wird verzichtet, damit nicht zu viel Farbe aus den Häuten gelöst wird. PIWI-Rebsorten haben im Allgemeinen enorm viel Farbe. Die Rotweine durchlaufen bei Baumanns üblicherweise einen biologischen Säureabbau.

Unsere roten Favoriten waren der Divico (Schweizer Züchtung aus Changins), der Chambourcin (alte PIWI-Züchtung aus Frankreich von 1950), der Zero (Assemblage von CAL-Sorten, gezüchtet vom Jurassier Valentin Blattner) und der besondere Pinot Noir Josefine.

Der Divico war für mich eine positive Überraschung. Ich hatte bisher nur wenige überzeugende Weine dieser Rebsorte degustiert. Dieser Wein von 10-jährigen Reben war kräftig in Nase und Gaumen und erinnerte bezüglich Komplexität an einen französischen oder toskanischen Wein. Die Rebsorte Chambourcin sei für Winzer nicht so einfach. Sie leide häufig unter Eisenmangel. Ältere Reben bringen besser Weine hervor. Dieser Chambourcin hatte für mich zu Beginn eine verhaltene Nasenaromatik, aber sehr komplex. Wir nahmen unter anderem eine Amarettonote wahr und Lakritze im Abgang. Im Gaumen wirkte der Wein eher zentriert. Insgesamt erinnert der Wein etwas an einen Merlot. Der Zero wurde komponiert mit Bordeaux im Hinterkopf. Mit der vielseitigen und intensiven Nasenaromatik und dem komplexen Mundgefühl ist das für mich recht gut gelungen. Mit dem Josefine hat uns auch noch ein Wein aus der traditionellen Rebsorte Pinot Noir sehr überzeugt. Die Trauben für diesen Grand Cru stammen aus einer eingefriedeten Lage zwischen Raron und Usserberg. Speziell bei der Vinifikation ist die lange Kaltmazeration von 14 Tagen (also die Maische wird vor der Gärung für 14 Tage an die Kälte gestellt). Ein Teil der Trauben wird tiefgefroren und als Deckel auf die Maische gelegt, nach 2 Wochen wird der Deckel dann untergemischt. Das Ergebnis ist am Ende ein hochstehender Pinot mit komplexen Aromen und einem ausgewogenen, vollen und breiten Mundgefühl und einem langen Abgang mit Kirschenaromen.

Der lange, unterhaltsame und informationsreiche Degustationsabend wird uns noch lange in Erinnerung bleiben und mit dem Genuss der DIROSO-Weine werden wir gerne daran zurückdenken.

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